Blog der Gartenführer


Mittwoch, 18. Oktober 2017

Der Gaertner im Oktober



Der Gärtner im Oktober

Text Karel Capek, tschechischer Schriftsteller, 9.1.1890 - 25.12.1938
aus: Das Jahr des Gärtners. Kapitel 22
Fotos Anne Rahn

So ein Herbst ist eine überaus fruchtbare Zeit. 





Im Vergleich dazu ist der Frühling sozusagen ein wenig kleinlich. Der Herbst arbeitet gern in großem Maßstab. Hat man je erlebt, dass das Frühlingsveilchen zu drei Meter Höhe aufschieße, oder die Tulpe wachse und wachse, bis sie die Bäume überragt? 




Na, sehen Sie! Dagegen kommt es vor, dass man im Frühjahr ein paar Herbstastern einsetzt und bis zum Oktober ein zwei Meter hoher Urwald daraus wird, den man nicht zu betreten wagt, in der Furcht, nicht mehr den Weg ins Freie zu finden. 


 

Oder man setzt im April die Wurzel einer Sonnenbraut in die Erde ein, und jetzt nicken von oben die goldenen Blüten ironisch auf einen herab, die man nicht einmal mehr mit der Hand erreicht, auch wenn man sich auf die Fußspitzen stellt. 

Rudbeckia triloba, Dreilappiger Sonnenhut
Es kommt beim Gärtner alle Augenblicke vor, dass er ein wenig den Maßstab verliert. Deshalb verpflanzt man im Herbst die Blumen; alljährlich schleppt der Gärtner seine Perennen wie eine Katze ihre Jungen von einem Ort zum andern. Alljährlich sagt er befriedigt: »So, jetzt ist alles eingesetzt und in Ordnung.« 


Im nächsten Jahr atmet er genau so erleichtert auf. Der Garten ist nie fertig. In dieser Beziehung gleicht der Garten der menschlichen Welt und allen menschlichen Unternehmungen.

Die Gartenführer wünschen allen eine schöne Herbstzeit.