Blog der Gartenführer


Donnerstag, 23. Februar 2017

"... die Wirklichkeit sah meist ganz anders aus."




Vom Leben der Dienstboten vor 200 Jahren



Unter den Aktionen der IG Gartenführer Rheinhessen zum Jubiläumsjahr 2016 waren die Auftritte der Jungfern im Grünen ein Highlight. Wir haben sie hier schon hier vorgestellt.


                                                                                               

Beitrag: Sibylle Kallweit
Foto: Herr Schubbert   
                          


Der letzte öffentliche Auftritt der Jungfern im Grünen fand am 6. Oktober im Haus Burgund in Mainz statt. Er war toll! Die Sängerinnen der IG Gartenführer Rheinhessen hatten den Abend allein gestaltet und dass die Zuhörer gekommen waren, um die Jungfern im Grünen zu erleben, war der Stimmung im Saal anzumerken.
Ein Anliegen der Gesangsgruppe war es, während ihrer Auftritte im Jubiläumsjahr auch Einblick in die Lebensumstände von Dienstpersonal vor 200 Jahren zu geben. So vermittelten die Zwischentexte zu den vorgetragenen Liedern einen Eindruck vom Alltag des Personals in der jeweiligen Umgebung des Auftrittsortes.

In Gabsheim erfuhren die Zuhörer einiges über Knechte und Mägde.

Sie standen ständig unter Beobachtung.

Die Wände und Ecken eines Gehöfts waren hellhörig,

Kammern vielfachbelegt.

Fußböden, Türen, Bettkästen - alles knarrte.

Quelle: Allmende, Heft 1, 1983

In Oppenheim und Worms-Ibersheim wurde deutlich, dass die Hoffnung des meist weiblichen Gesindes, im nächsten Städtchen eine bessere Stellung zu finden, als auf dem Land, meist enttäuscht wurde.

Reizt das Gesinde die Herrschaft durch ungebührliches Betragen zum Zorn,

und wird in  selbigen von ihr mit Scheltworten,

oder geringen Thätlichkeiten behandelt;

so kann es dafür keine gerichtliche Genugthuung fordern.

Quelle: Gesindeordnung von 1810, § 77

Die Texte in Mainz verdeutlichten, dass das Großbürgertum mit französischer Vergangenheit, das sich selbst gerade von der Herrschaft des Adels befreit hatte, sein Dienstpersonal noch immer in vollkommener Abhängigkeit hielt. 

Betritt die Hausfrau oder eine andere Respektsperson das Zimmer,

so hat das Mädchen aufzustehen und zu warten,

bis die Herrin das Zimmer wieder verläßt

oder es zum Niedersetzen auffordert.

Ferner spreche es stets stehend mit der Hausfrau

oder den dem Hause angehörenden Erwachsenen.

Quelle: Emy Gordon, Pflichten eines Dienstmädchens 

Die Jungfern im Grünen haben während des Jubiläumsjahres 2016 viel Anerkennung erfahren und schließen das Projekt nun mit einem weinenden und einem lachenden Auge ab. Sie haben nicht nur vom Einblick in das Thema Dienstbote und Dienstherrschaft profitiert. Die Chorproben und das Erarbeiten der Lieder über fast 2 Jahre waren bereichernd. Ernst Seitz, der Chorleiter der Gesangsgruppe, hat die Auftritte der bis dahin teils ungeübten Sängerinnen zu erfolgreichen Events gemacht und mit seinen außergewöhnlichen Arrangements begeistert.

Die Idee der Gartenführerinnen, ihr fachliches Angebot im Jubiläumsjahr um eine akustische Komponente zu erweitern, ist aufgegangen. Die IG Gartenführer Rheinhessen hat mit den Jungfern im Grünen so manchen Blumentopf gewonnen.




Die Jungfern im Grünen oder das Dienstpersonal in einem Haushalt des gehobenen Bürgertums vor 200 Jahren:

Mamsell, Wäscherin, Hauswirtschafterin, Serviermagd, Kammerjungfer, Kindsmagd, Köchin, Näherin, Stubenmädchen, Gouvernante, Mädchen für Alles und der Haus- und Gesangslehrer


Noch was ganz Praktisches aus Emy Gordon: 
Pflichten eines Dienstmädchens

Stark versalzene Speisen können essbar gemacht werden, indem man ein leinenes Tuch fest über den Topf bindet, in welchem sich die versalzene Speise befindet, und Salz auf das Tuch streut. Das in der Speise befindliche Salz wird nach weiterem Kochen beinahe völlig durch das obere Salz herausgezogen.



Cuivre poli, Bronze usw. reinigt man durch Abbürsten mit lauwarmem Seifenwasser. Stock- und Fliegenflecken lassen sich mit reiner Salzsäure entfernen, welche jedoch nachher mit heißem Wasser gründlich abzuwaschen ist. Nach dem Trocknen wird mit einem Leder mit Spiritus und Kreide trocken gerieben.