aus der Reihe:
Rückblick auf das Rheinhessenquadrat - Gärten 1816/2016
Rückblick auf das Rheinhessenquadrat - Gärten 1816/2016
ein Bericht von Heike Dettweiler, Wintersheim
Die Bilder wurden im Juli 2016 anlässlich einer Führung durch Heike Dettweiler aufgenommen. Bilder von Anne Rahn und Heike Dettweiler
Zu meiner Idee für das Rheinhessenquadrat wurde ich durch
die Geschichte der Familie Dettweiler inspiriert. 1816 erschien das Buch des
Begründers der Hohenheimer Ackerbauschule, J. N. Schwerz
„Beobachtungen über
den Ackerbau der Pfälzer“
In diesem Buch beschreibt er den Besuch in
Wintersheim bei Christian Dettweiler, einem erfolgreichen mennonitischen
Landwirt. Die besonderen Anbaumethoden und die ackerbaulichen Erfolge von
Christian Dettweiler werden eindrücklich geschildert. 1801, zu Beginn seiner
Zeit als Landwirt in Wintersheim, war „der Viehstand und der Feldbau in
erbärmlichem Zustand“. Innerhalb von zehn Jahren war es ihm gelungen, die
Ernteerfolge um ein Vielfaches zu steigern und auch den Viehbestand zu erhöhen.
„Die Luzerne, der Esper und der Gips haben diesen Zauber gelöst.“
Ich möchte nun diese beiden Pflanzen vorstellen, die die
Landwirtschaft in unserer Region vor 200 Jahren so revolutioniert haben.
Die
Esparsetten
(Onobrychis)
sind eine Pflanzengattung in der Unterfamilie der Schmetterlingsblüher innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler - Verwandte der Erbse. Der Gattungsname “Onobrychis“ bedeutet "Eselsfutter", von
griechisch“onos“ = Esel und „brychein“ = gierig fressen, der
Artname „viciifolia“ kommt aus dem Lateinischen,“viciifolius“ = wickenähnlich und drückt die Ähnlichkeit
der Blätter mit denen der Wicke aus. "Esparsette" ist französischen
Ursprungs und bedeutet "Süßklee".
Die Saat-Esparsette wächst als ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 30 bis 90 Zentimetern. Die Hülsenfrüchte sind 6 bis 8 Millimeter lang und
weisen einen mit sechs bis acht dicken bis zu 1 Millimeter langen Stacheln besetzten Kamm auf. Die Blütezeit reicht von Mai und
Juli. Die Früchte reifen von Juli bis September.
Die Esparsette ist ein Rohbodenpionier und ein Tiefwurzler, denn sie
wurzelt zur Trockenheitsanpassung bis zu 4 Meter tief. Sie besitzt wurzelknöllchen mit stickstoffbindenden Bakterien. Lediglich
eine kleine Anzahl von Mikroorganismen kann ihn nutzen, ihn in ihre
Körpersubstanz einbauen oder auch an Pflanzen abgeben, die Esparsette ist eine
von ihnen, die diese Symbiose mit den Knöllchenbakterien eingehen kann, was sie
so wertvoll macht.
Die Futter-Esparsette ist eine eiweißreiche Trockenfutterpflanze und ein Bodenverbesserer. Sie wird von Pferden und Rindern
gern gefressen. Als Weidepflanze wurde sie
aber von anderen Pflanzen verdrängt, die zur Intensivnutzung besser geeignet waren.
Der Anbau findet seit dem 16. Jahrhundert statt. Sie fordert einen
warmen, trockenen Standort. Ausschlaggebend für den Anbauerfolg ist immer der
Kalkgehalt des Bodens, der noch höher liegen sollte als bei der Luzerne.
Luzerne
Bei der Luzerne Medicago sativa leitet sich der
Gattungsname von Medica ab und weist auf das ursprüngliche Vorkommen der
Pflanzen hin. Es bedeutet: aus Medien, dem Land der Meder, im heutigen Iran,
stammend. Luzerne leitet sich von luisant = glänzend ab und weist auf die
glänzenden Samen hin.
Sie wird auch Alfalfa, Schneckenklee oder „Ewiger Klee“
genannt. Sie ist ebenfalls ein Schmetterlingsblütler innerhalb der Familie der
Hülsenfürchtler. Im vorderen Orient wurde sie bereits 500 v.Chr. als
Pferdefutter verwendet ...
Heupferd auf Luzerne
... und wird weltweit als Viehfutter und als Sprossen
angebaut. Sie ist die älteste Futterpflanze überhaupt und wir als „Königin der
Futterpflanzen“ bezeichnet. Luzerne wächst als überwinternd grüne, ausdauernde
krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von bis zu einem Meter. Sie besitzt
ein tiefreichendes Wurzelsystem, was sie ungünstige Niederschlagsperioden gut
überstehen lässt. Dadurch, dass sie in der Lage ist, den Luftstickstoff in den
Sprossteilen einzulagern, kommt ihr eine hohe Bedeutung als
Gründüngungspflanze, wie auch bei der Esparsette, zu.
Nun kommen wir noch zum letzten Punkt: der Gips. Gips ist
ein Neutralsalz und kann im Vergleich zu Kalk keine Bodensäuren neutralisieren
und auch den PH-Wert im Boden nicht verändern. Er ist aber ein wichtiger
Baustein für die Brückenbildung zwischen Ton und Humus und damit für die
Verbesserung der Bodenstruktur verantwortlich. Gips ist außerdem ein wichtiger
Dünger für schwefelbedürftige Kulturen wie Raps, Kleegras und Vielschnittwiesen.
Der Anbau von Esparsette und Luzerne waren ausschlaggebend
dafür, dass die Ganzjahres-Stallhaltung der Kühe eingeführt werden konnte.
Durch das eiweißreiche Schnittfutter und auch das Heu konnte das Vieh sehr gut
ernährt werden. Der anfallende Mist und die Gülle wiederum wurden als Dünger
auf den Feldern ausgebracht. Dadurch konnten die Erntemengen deutlich
gesteigert werden und die Zweifelderwirtschaft wurde aufgegeben.
In sogenannten "Kuhkapellen" wurden im 19. Jahrhundert Kühe untergebracht.
Auf dem Bild sehen Sie die guterhaltene "Kuhkapelle" der Familie Dettweiler
Quellen: J.N. Schwerz, Beobachtungen über den Ackerbau der
Pfälzer, 1816
Wikipedia, www.esparsette.ch, www.lfl.bayern.de, www.bodenkalk.at